Sharing Economy – Mehr Lebensqualität, weniger Ballast

21. Juli 2016

[schema type=“review“ description=“Zusammenfassung: Sharing Economy hat sich zum weithin akzeptierten Trend in vielen Lebensbereichen entwickelt. Für einen nachhaltigen und umweltgerechten Lebensstil ist es jedoch wichtig, das Konsumverhalten generell zu überdenken und gespartes Geld nachhaltig zu investieren.“ ]

 

 

Ohne Ballast sein und Lebensqualität neu definieren.
Ohne Ballast sein und Lebensqualität neu definieren.

„Weniger ist mehr“ – den eigenen Lebensstil unter die Lupe nehmen – darüber nachdenken, wie der persönliche Konsum auch Einfluss auf die globale Klimaerwärmung hat, festzustellen, dass Du sehr viel mehr willst als Du brauchst. Die Band Silbermond liefert mit „Leichtes Gepäck“ derzeit den Soundtrack zum kritischen Konsum: „Eines Tages fällt dir auf, dass du 99 Prozent nicht brauchst. Du nimmst all den Ballast und schmeißt ihn weg, denn es reist sich besser, mit leichtem Gepäck.“

 

Auch wenn eine komplette Konsum-Askese nicht für Dich in Frage kommt, ist der Gedanke verwirrend, dass Du einen großen Teil Deiner Besitztümer in 99 Prozent Deiner Zeit nicht benutzt. Denn sicher ist ein großer Reisekoffer praktisch – aber nur ein- bis zweimal im Jahr. Und der Smoothie-Maker war auch beim Frühstück nach der letzten Party ein Renner – aber eigentlich frühstückst Du selten so ausgiebig zu Hause. Sicher fallen Dir noch einige Beispiele mehr ein.

 

Es ist also durchaus eine interessante Option, Dinge bei Bedarf auszuleihen, also dann, wenn sie wirklich benutzt und gebraucht werden. Das schont viele Ressourcen, ist damit gut für die Umwelt und auch für den eigenen Geldbeutel. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie „Nutzen statt Besitzen“ die der NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V. in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung herausgegeben hat.

 

Der Trend hat viele Namen: „Sharing Economy“, „kollaborativer Konsum“, „Teilen statt Besitzen“ beziehungsweise „Nutzen statt Besitzen“. Die Idee: Dinge, die nicht täglich benötigt werden, können auch von anderen Personen genutzt werden. Die Bandbreite der angebotenen Dinge und Dienste ist mittlerweile unendlich und auch die Anzahl der Anbieter – sowohl professionelle Plattformen als auch ehrenamtliche Initiativen – steigt stetig an.

 

 

Sharing Economy statt Shoppen bis zum Umfallen

Brandneu ist die Idee des „Teilens statt Besitzens“ nicht. Bereits seit einem guten Viertel Jahrhundert machen Car-Sharing-Initiativen ihre Mitglieder mobil. Besonderen Zuspruch hat das Auto-Teilen in Städten, die über ein funktionierendes Nahverkehrsnetz verfügen. Anfang des Jahres waren 1,26 Millionen Car-Sharing-Teilnehmer bei rund 150 Anbietern in Deutschland registriert.

 

Literatur to go und gratis - öffentliche Bücherregale machen Lust auf Lesen und Teilen.
Literatur to go und gratis – öffentliche Bücherregale machen Lust auf Lesen und Teilen.

Tauschen, Teilen, Leihen und Schenken ist öffentlich geworden. Während früher im privaten Bereich, in der Nachbarschaft und innerhalb der Familie geteilt und verliehen wurde, eröffnet das Internet eine breite Angebotspalette und ermöglicht Teilen auch ohne vorangestellten persönlichen Kontakt. Eher entstehen durch das Teilen neue Beziehungen. Ein interessanter Nebeneffekt, denn durch das Verleihen an bislang gänzlich unbekannte Personen, wird der Gemeinschaftssinn gestärkt. Im Vordergrund steht die gemeinsame Überzeugung, mit dem Modell „Teilen statt Besitzen“ richtig zu handeln. Beispielsweise verfolgt die Schweizer Sharing-Community Pumpipumpe keinerlei kommerzielles Interesse und zeigt, dass auch extrem geringwertige Dinge nicht unbedingt in jedem Haushalt vorhanden sein müssen, sondern bei Bedarf in der Nähe verfügbar sind.

 

„Nutzen statt Besitzen“ findet auch außerhalb des Internets neue Formen und verändert das Gesicht einer Stadt. So sind öffentliche Bücherschränke mittlerweile an vielen Orten zu finden. Das Prinzip ist einfach: Wer ein Buch ausgelesen hat, stellt es in einen öffentlichen Bücherschrank und kann sich dort auch mit neuer Lektüre versorgen. Dabei ist das althergebrachte Prinzip von „Geben und Nehmen“ nicht zwingend. Jeder darf sich auch ohne Gegenleistung bedienen. Noch klarer wird die Idee in sogenannten „Umsonst-Regalen“ in denen nicht mehr benötigtes Geschirr, Schreibzeug und weitere Dinge abgestellt werden und jeder Interessent sich davon nehmen kann.

 

 

Sein statt Haben

Ein positiver Trend, denn die Shopping-Laune der Verbraucher und die extrem gestiegenen Angebote an günstigen Konsumgütern – sei es Bekleidung, Dinge für den Haushalt oder Elektronik – bringt den Planeten in Atemnot. Schließlich wird jeder Einkauf irgendwann einmal Müll sein. Und die Zeitspanne, wann es so weit sein wird, wird immer kürzer.

 

„Teilen statt Besitzen“ ist eine gute Möglichkeit, nachhaltig und bewusst zu konsumieren. Das Modell kann allerdings auch genutzt werden, um einfach nur mehr zu konsumieren. Ein Beispiel beschreibt das Wirtschaftsmagazin brand eins mit der Möglichkeit, modische Kleidung für ein bis zwei Wochen zu mieten. Vielleicht kein extrem bewusster Konsum. Ein Kleidertausch ist jedoch aus ökologischer Sicht gewiss ressourcenschonender als jede Woche Kleidung von Primark , H&M und Co. zu kaufen, die nach kurzer Tragezeit in der Mülltonne landet.

 

„Teilen statt Besitzen“ – ein zukunftsfähiges Modell. Doch auch hier gibt es Schattseiten. So sehen Kritiker in der zunehmenden Professionalisierung der Sharing-Angebote auch ein steigendes Gewinnstreben im privaten Bereich. Oder einfach ausgedrückt: Hast du am Wochenende noch bei Bekannten in München kostenlos auf dem Sofa schlafen dürfen, wird das Gästebett jetzt ins Internet gestellt und zeitweise vermietet.

 

 

Lebensqualität statt Verzicht

Den gesellschaftlichen Mehrwert einer Kultur des Teilens, die keine gewinnorientierten Interessen in den Vordergrund stellt, zeigt das Modell des Couchsurfings, das unter anderem durch die Sendung „Auf drei Sofas durch …“ populär geworden ist. Hier bieten Menschen in den unterschiedlichsten Städten und Ländern eine kostenlose Gästecouch an, ohne besonderen Komfort, dafür aber mit gegenseitigem Kennenlernen, gemeinsamen Unternehmungen und echten Insider-Tipps. Dagegen stehen Modelle, wie die Vermittlungsplattform des Home Sharing Services AirBnB, mit dessen Börsengang bereits gerechnet wird. Hier ist die Grundidee der Ökonomie des Teilens komplett in den Hintergrund gerutscht.

 

Irgendwann ist es einfach mal genug: Lieber Joggen gehen statt Schuhe einzukaufen.
Irgendwann ist es einfach mal genug: Lieber Joggen gehen statt Schuhe einzukaufen.

Wenn Sharing Economy funktioniert, profitieren alle Beteiligten, denn in Zeiten des Klimawandels ist das Überdenken des eigenen Konsumstils sicher ein wichtiger Moment. Auch Soziologe Harald Welzer spricht sich entschieden für einen reduzierten Lebensstil aus. In seinem Buch „ Selbst denken – Eine Anleitung zum Widerstand“ beschreibt er verschiedene Modelle, die zum Wohl der Allgemeinheit beitragen. In seiner Stiftung „FUTURZWEI. Stiftung Zukunftsfähigkeit“ beschäftigt sich Welzer mit der Erforschung, Entwicklung und Förderung alternativer Lebensstile und Wirtschaftsmodelle.

 

Harald Heinrichs, Professor für Nachhaltigkeit und Politik an der Leuphana Universität Lüneburg, bescheinigt der jüngeren Generation in Deutschland eine steigende Sensibilität für Umweltthemen. Den Trend zum Teilen und Leihen wird, so Heinrichs, nicht als Konsumverzicht sondern stärker als Gewinn an Lebensqualität verstanden. Rund ein Viertel der Deutschen sind auf der Suche nach Alternativen zur Wegwerfgesellschaft und definieren ihr Leben nicht über Eigentum.

 

 

Bewusst leben – nachhaltig investieren

Gelungen ist das Modell „Teilen statt Besitzen“, wenn das eingesparte Geld auch sinnvoll investiert wird. Die Unterstützung nachhaltiger Projekte ist eine gute Alternative zum Konsum um jeden Preis. Und die Möglichkeiten sind in diesem Bereich vielfältig.

 

Interessant ist es in jedem Fall, in Projekte zu investieren, die den Schutz des Klimas forcieren. So nutzt der bewusste und reduzierte Konsum gleich zweimal der Umwelt: Zum einen, durch das Vermeiden überflüssiger Konsumgüter, zum anderen durch die aktive Förderung regenerativer Energiequellen, nachhaltiger Verkehrsträger und weiteren Projekten für eine bessere Welt.