Abschied vom Müllberg
[schema type=“review“ description=“Zusammenfassung: Obwohl das Umweltbewusstsein wächst, werden die Müllberge nicht kleiner. Online-Shopping verursacht enorme Mengen an Verpackungsmüll. Viele kleine Schritte können Veränderungen herbeiführen.“ ]

Während in den vergangenen Jahren vielfach Berichte über Messies, Menschen, die in ihrer Wohnung Müllberge anhäufen, die Runde machten, hat sich das Blatt gewendet. Vermehrt erscheinen nur Beiträge über Menschen, deren Müll eines Jahres in ein Einmachglas passen. „Low Waste“ – oder noch extremer „No Waste“ – liegt im Trend. Faszinierend, denn obgleich den Deutschen ein gutes Umweltbewusstsein bescheinigt wird und wir Meister in der Mülltrennung sind: Die Abfallberge wachsen weiter. Rund neun Zentner Hausmüll werden in Deutschland pro Kopf produziert. Von jedem, angefangen vom Baby bis hin zum Greis. Kein Wunder eigentlich, denn alles, was wir kaufen, wird irgendwann einmal Abfall sein. Und die Konsumlaune ist durchaus ungebrochen.
Absoluter Spitzenreiter im Müll-Mix stellt der Verpackungsmüll dar, hier besonders Plastikabfälle. Und obwohl durch das „Duale System Deutschland“ Kunststoff als sogenannter Wertstoff seit mehr als zwei Jahrzehnten gesammelt wird, ist die Recyclingquote gering. Zwar erfährt ein Teil der ausgedienten Kunststoffe in Parkbänken, Pflanztöpfen und Schulranzen ein zweites Leben, der größte Teil wird jedoch thermisch verwertet, also verbrannt.
Weitere Bestandteile unseres Haushaltsmülls: Glas und Papier, Sperrmüll, Elektroschrott und – als geringere Anteile: organischer Müll und sonstige Abfälle.
Online-Shopping – Kein Schrei vor Glück
In den vergangenen Jahren rasant angewachsen ist der Anteil an Kartonagen im Abfallmix. Zwar weist Papier sehr gute Recyclingquoten auf, Herstellung und Wiederverwertung verbrauchen jedoch Energie. Ein Löwenanteil des Papiermülls resultiert aus dem Boom des Online-Shoppings. Neben der Pappverpackung sind viele Pakete wahre Wundertüten an Müll: Styropor, Plastiktüten, aufwändige weitere Umverpackungen – gut, wenn dann wenigsten das bestellte Produkte eine Weile nicht auf dem Müll landet.
Lifestyle-Müll – to go
Die Deutsch Umwelthilfe hat ermittelt, dass in Deutschland jährlich rund 2,8 Milliarden Einweg-Kaffeebecher auf dem Müll landen. Im Einsatz waren die beschichteten Pappkameraden durchschnittlich 15 Minuten. Ein kurzer Genuss. Mit dem energieaufwand für die Herstellung der To-go-Kaffeebecher ließe sich eine Kleinstadt ein Jahr lang komplett mit Energie versorgen.
Überhaupt verursacht der Trend zu To-go-Mahlzeiten einen enormen Anstieg an Müll, denn Salate für die Mittagspause stecken in dicken Plastik- oder Styroporschalen, andere Gerichte werden häufig aufwändig in Alufolie verpackt. Und obgleich vielfach die Kundschaft tätlich die gleiche ist, konnte sich hier noch kein Pfandsystem durchsetzen.
Verpackung im Matrjoschka-Prinzip
Strukturell gesehen nimmt der Anteil an Single-Haushalten stetig zu. Entsprechend steigt das Angebot an kleineren Produkteinheiten im Supermarkt: Müsli im Portionsbecher, einzelverpackte Butterstücke – gleichgültig was es ist, es muss für den Markt gut zu stapeln sein, für den Logistiker sicher zu transportieren und für den Käufer attraktiv verpackt. Eine beschädigte Verpackung wir kaum akzeptiert, entsprechend werden durchaus dickere Pappen verwendet, diese möglicherweise noch einmal eigeschweißt. In der Schachtel dann nochmals Plastik. Wie eine russische Matrjoschka-Puppe muss eine nach der anderen Schicht abgetragen werden, um an das eigentliche Produkt zu kommen. Fast die Hälfte des Jahresmülls pro Person in Deutschland entfällt auf diese Verpackungen, gut vier Zentner.
Tipps & Trends zur Müllvermeidung

Die Welt zu verändern ist sicher schwierig, in vielen kleinen Schritten aber auch möglich. Die eingangs zitierten „Low Waste“-Aktivisten geben vielfältige Ideen und Inspirationen, die sich im Alltag umsetzen lassen. Viele Anregungen bieten Blogs, wie beispielsweise „Wasteland Rebel“. Die Bloggerin Shia Su beschreibt hier ausführlich ihre Strategie zu einem nahezu Abfallfreien Leben. Viele Elemente der Selbstversorgung und des Do-it-Yourself sind darin enthalten. Sicher nicht für Jedermann alltagstauglich, doch sicher lassen sich viele passende Anregungen herauspicken und in den persönlichen Lebensstil integrieren.
Unterstützt wird der Trend durch „Unverpacktläden“, die es mittlerweile in vielen Großstädten gibt. Nach dem Prinzip des alten Tante-Emma-Ladens, in dem aus großen Fässern und Säcken nach Bedarf abgewogen wurde, füllen die neuen Läden nahezu alle Lebensmittel in mitgebrachte Gläser und Dosen ab. Zusätzlich achten die Geschäfte auf verpackungsarme Anlieferung. Wer gerade keine eigenen Verpackungen dabei hat, kann sich meistens leere Gläser im Laden leihen. Dass der Trend auf viele positive Resonanz stößt, ist sicher dem Gegenextrem der überflüssigen Verpackungen geschuldet. Denn eine in Plastikfolie versiegelte Salatgurke bringt auch weniger umweltinteressierte Konsumenten durchaus ins Grübeln.
Einfachste Art, mit dem unverpackt-Trend zu beginnen: Eigene Einkaufstaschen mitnehmen. In der Tat ist die Anzahl an Plastiktüten in den letzten Jahren zurückgegangen, seit nicht nur Supermärkte, sondern auch große Kaufhäuser und Bekleidungsgeschäfte keine kostenlosen Tüten mehr abgeben.
Drei einfache Tipps zur Müllvermeidung
Tipp 1: Pausenbrot 2.0
Als Kind war es selbstverständlich, eine Brotdose für die Pause dabei zu haben. Diese Idee lässt sich positiv wiederbeleben. Darüber hinaus liegen selbst zubereiete Mahlzeiten zum Mitnehmen durchaus im Trend. Gründe hierfür sind nicht nur ein gewachsenes Umweltbewusstsein, sondern auch Lebensmittelunverträglichkeiten und spezifische Ernährungskonzepte. Wer also keine Kantine seines Vertrauens aufsuchen kann oder will, hat mit der selbst zusammengestellten Lunchbox verpackungsfreien Genuss.
Tipp 2: Keine Lebensmittel in die Tonne – Foodsharing
Jährlich werden rund 20 Millionen Tonnen an Lebensmitteln in Deutschland einfach weggeworfen. Der größte Teil sind aussortierte Produkte aus dem Lebensmittelhandel. Eine ethisch und ökologisch fragwürdige Praxis, denn unser Überfluss und unser übermäßiger Konsum steht durchaus im Zusammenhang mit den Weltmarktpreisen und bezahlbaren Lebensmitteln in Entwicklungsländern. Hunger ist nur teilweise die Folge von Naturkatastrophen, vielfach wird Hunger schlichtweg in den Industrienationen produziert. Höchste Zeit also, dieser Entwicklung entgegenzusteuern, Reste zu verwerten, große Mengen an Initiativen wie beispielsweise „Die Tafel“ zu spenden, unverbrauchtes in der Nachbarschaft weiterzugeben. Vielerorts bilden sich auch Gruppen mit „Lebensmittelrettern“ und „Foodsharern“. Dabei werden Lebensmittel direkt aus dem Müll geholt, verschenkt oder gemeinsam zubereitet und verzehrt. Teilweise gibt es auch Apps, mit denen sich der schnelle Austausch von Lebensmitteln unkompliziert organisieren lässt.
Tipp 3: Müll vermeiden durch Reparieren
Umweltschutz ist reparieren – denn solange, wie ein Produkt im Einsatz und gebrauchsfähig ist, ist es kein Müll. Leider ist es in den letzten Jahrzehnten schwierig geworden Handwerker zu finden, die zu einem vernünftigen Preis Reparaturen durchführen. Umweltfreundliches Verhalten wurde darüber hinaus durch extrem günstige Preise für Elektrogeräte nicht gerade einfach gemacht. Umso erfreulicher, dass sich vermehrt Initiativen gründen, die Reparaturen auch dann durchführen, wenn sie sich ökonomisch nicht mehr rentieren. Unterstützt werden diese Initiativen vielfach von Städten und Gemeinden. Außerdem etablieren sich bundesweit sogenannte „Repair-Cafés“, die bei Reparaturen helfen, unterstützen und entsprechende Werkzeuge bereit halten. Was gar nicht mehr repariert werden kann, wird anderweitig verwendet oder für Ersatzteile ausgeschlachtet.
Bewusst konsumieren und mit unseren Ressourcen vernünftig umgehen sind elementare Voraussetzungen, um unsere Umwelt und unser Klima zu schützen. Genauso bewusst sollt unser Geld so angelegt werden, dass nachhaltige Projekte unterstützt und vorangetrieben werden.